Donnerstag, 5. Juli 2007

Theo & Vincent

...zwei Brüder, deren einer in seinem Leben im bescheidenen Rahmen recht erfolgreich war und deren anderer zu unsterblichem Weltruhm gelangte, allerdings erst nach dem Ende eines ausgesprochen schwierigen Lebens voller Entbehrung und innerer Kämpfe, ohne den Hauch von Anerkennung für seine schöpferische Leistung...

Zum Verständnis der folgenden Deutung ist natürlich eine gewisse Kenntnis der Biographien der beiden Brüder notwendig, die beispielsweise hier gefunden werden können:
Biographie Vincent van Goghs, Wikipedia oder
weitere Biographie Vincent van Goghs (englisch, beinhaltet sehr anschaulich das Wesentliche)
Eine schöne Auswahl seiner Bilder findet sich in dieser Bildergalerie
und ein Füllhorn an Information inklusive Bildern und Briefen in dieser offiziell anerkannten Vincent van Gogh Galerie.
Die knappen Online-Resourcen über den Bruder finden sich in der
Biographie Theodorus van Goghs, englische Wikipedia
(die deutsche Version läßt das Interessanteste aus)

An diesen beiden Brüdern wird exemplarisch und eindrucksvoll klar, wie unausweichlich und bestimmend das Verdrängte innerhalb einer Familie bzw. eines Clans auf die Individuen dieses Verbands einwirkt, wie zwingend die Verhältnisse untereinander auf geheimnisvolle und verborgene Art wirken.

Empfundene Liebe, Zuneigung, Bewunderung, Fürsorge, oder auch Hass, nichts davon reicht nur im entferntesten an diese unbewußten Wirkmechanismen heran, die wie von geheimer Hand alles im Hintergrund fügen, von gut funktionierenden Kompensationen bis zur zerstörerischen Aufhebung von Erscheinung. An Bewußtsein und Bewußtheit vorbei funktioniert ein Clan wie ein eigenständiger Organismus, der unter dem absoluten Imperativ der Clanerhaltung steht und den Preis, den der Himmel von Zeit zu Zeit für die Verdrängungen im Clan fordert, nach dieser Priorität verteilt und verschiebt. Die Rangobersten sind meist unantastbar. Solange sie die Königswürde besitzen, man könnte auch sagen, solange sie eine Leittierfunktion ausfüllen, ist es im Interesse des Clans, daß andere für sie die Erscheinungswerdung des Ungeschehenen als Opfer übernehmen.

Es ist unheimlich und grausam, zu sehen und zu verstehen, wie Menschen, die sich lieben, aus einer gewissen Perspektive wie Marionetten an solchen unbewußten Übertragungen von Schicksal beteiligt sind. Die griechische Tragödie erfaßt diese grausame Absurdität des Menschseins vollkommen. Neben dem Erdulden der Schuld sind es einzig und allein Bewußtsein und Erkenntnis über die ausgeschlossenen und funktionalisierten Inhalte der Zeit, die dem Individuum seine Würde und seine Freiheit von diesen Fesseln zurückgeben können. Vorher ist nur ein Teil von uns menschlich.

Im folgenden soll untersucht werden, was die Geburtsbilder der Gebrüder Theodorus und Vincent van Gogh, gemessen an der Wirklichkeit ihres Lebens, über solche unbewußten Verhältnisse erhellen können.


THEODORUS VAN GOGH:


Van-Gogh-Theodorus-art-dealer
1.5.1857, 3:30h LMT, Zundert, Niederlande

Verbund Widder-Stier-Zwilling vom IV in den I.Quadranten:

Das Unbewußte aller wird aufgedeckt und kommt in die Welt der realen Erscheinung.

Widder von 12 nach 1 mit Mars in 2:

Das Ungeteilte, Verborgene kommt in die reale Erscheinung und wird figurierter Bestand.

Neptun-Saturn Haus 12 und 4:
Die Inhalte des 12. Hauses, die der Mars hier in die Erscheinung und Figuration zu bringen hat, sind untergegangene bzw. nie gewordene Gestaltprinzipien, die ihre Grenzen der Gestalt suchen.

In der Verbindung zum Saturn in Haus 4 wird das Empfinden durch seinen direkten Zugang zum Zeitlosen (Sa in 4, Ne in 12) mit den potentiellen Gestalten der ungeschehenen und untergegangenen Prinzipien geradezu überschwemmt. Der Spiegelpunktaspekt zwischen Neptun und Saturn sagt aus, daß diese Prinzipien der Gestalt (Ne in 12) ins Leben wollen, indem sie ihre Grenzen der Gestalt in einem Erschaffungsprozeß des Lebendigen suchen (Sa in 4). Theodorus hat die vom Himmel verliehene Fähigkeit, ihnen dies zu ermöglichen. Falls dieser phantasievolle Zugang jedoch nicht in einen erschaffenden Ausdruck mündet (Mond als Herrscher von 4 in 5), kann er sicherlich zu paranoider Beängstigung führen.

Mars als Mars-Pluto-Venus im Stier stellt allerding die Frage der Unterwerfung unter das Kollektiv. Die Konstellation macht geneigt, sich den Vorstellungen des Kollektivs zu unterwerfen, zumal die Sicherung der Person als Stier-Sonne in Haus 1 über das Kollektiv erfolgt (Stier beherrscht das 2. Haus). Die Unterwerfung des eigenständigen Mars an die Werte und Normen der Herde bestätigt sich durch Venus-Pluto. Mars liefert also die Erscheinung gewordenen Gestalten des Unbewußten den Vorstellungen des Kollektivs aus, sozusagen als Bestand des Verdrängten. In diesem genialen Schachzug werden sie von den Machtträgern des Kollektivs kontrolliert, isoliert und zur Dekoration an die Wand gehängt. Dies ist eine elegante Methode der Neutralisation von Gestalthaftem, dessen Wert fürderhin vor allem an Geldäquivalent benannt wird, nicht mehr an der die Seele befruchtenden Wirkung. Und der Horoskopeigner vermeidet auf diese Weise den schweren Weg, den ein Schöpferisch-Erschaffender zu gehen hat, wenn er als Unabhängiger und Eigenständiger von eben jener Herde gejagt und gehetzt wird (Ma-Pl), in deren Mitte er steht und von der er seine Sicherheit erwartet.

Mars-Sonne-Pluto bestätigt weiterhin, daß die Vorstellung das Leben dominiert und eine Neigung besteht, daß sie zur Aggression gegen das Lebendige und Subjektive führt. Ihre Auslösung wird das eindrucksvoll bestätigen.

Jupiter auf dem Sa-Ne-GSP bestätigt, daß es sich um anschauliche Fügungen des Geistigen handelt, die den Saturn-Neptun wie oben besprochen zum Inhalt haben. Saturn-Neptun kann seiner Struktur nach dem Gemeinschaftsgefüge mit seinem Zugang zum Zeitlosen neue Ursprünge bringen, allerdings nur dann, wenn er haltungsmäßig frei von den existierenden Normen und unbewußten Leitvorstellungen ist, die dieses Kollektiv dominieren.

Mars-Mond im Verhältnis zu Mond-Pluto läßt erahnen, daß der angezeigte erschaffende Weg ihn zum Ausgestoßen-Sein verurteilen würde. Der Preis der Verhinderung dieser Ausstoßung scheint in der Blockade der Empfindung und des erschaffenden subjektiven Ausdrucks zu liegen (blockierter Mond in 5 als H von 4).

Stier von 1 nach 2 mit Venus in 2:


Das in die Erscheinung Gebrachte Unbewußte wird, wie bereits vom Mars an der Spitze des 2. Hauses angepeilt, mit der Venus in 2 im Stier (3fache Betonung) an die Herde geliefert, und wird zum kollektiven Bestand der untergegangenen und nicht ins Leben gekommenen Gestalten des Unbewußten, bzw. Ungeschehenen, die durch Neptun in 12 als Neptun-Saturn gekennzeichnet sind. Uranus als Herrscher von 12 in Konjunktion mit der Venus zeigt, daß diese Gestalten zum Ursprung kommen und konkret figuriert werden, mit Uranus gerne bildlich.

Als Mars-Venus zeigt die Venus, daß die Erscheinungsenergie, welche zu den untergegangen Gestalten gehört, figuriert werden muß. Als untere Ausübung eines Uranus-Saturn zeigt der Aspekt natürlich auch die Schwierigkeit an, die er hat, dem zu erschaffenden Saturn in 4 Gestalt zu verleihen. So drückt er sich lieber im Kunsthandel aus, der fremde Gestaltwerdungen zum Bestand macht.

Zwilling von 2 nach 3 mit Merkur in 3:

Der zum Bestand gemachte Fundus von erschaffenen Figurationen untergegangener ungewordener Gestalten aus dem Unbewußten aller wird nun zur Ausübung dieser Formen der Erscheinung. Wie geht das? Wie kann eine „Ausübung von Gemälden“ aussehen? Nun, auf einen Stuhl setzt man sich, das Sitzen ist seine Ausübung. Die Ausübung von Gemälden besteht in der Betrachtung der Gemälde, oder im Sammeln der Gemälde, oder aber im Handeln mit Gemälden! Der Handel ist hier auch als eine soziale Ausübung zu sehen, in diesem Fall als Handel mit wechselndem Bestand. (Zwilling von 2 nach 3 mit Merkur im Stier in 2)

Merkur-Venus zeigt, wie bereits bei der Durchführung im Stier erwähnt, die Blockiertheit von Ursprung und entsprechender Gestaltwerdung an, die ja dem Saturn in 4 zufolge erschaffend vor sich gehen würde und zudem der Finalität entspräche, hier jedoch als untere Ausübung des blockierten Saturn nur den Handel mit fremden Figurationen zuläßt.


Es ist dies der Moment, sich dem Geburtsbild des älteren Bruders zu nähern.

VINCENT VAN GOGH:


Van-Gogh-Vincent
30.3.1853, 11:00h LMT, Zundert, Niederlande

Verbund Widder-Stier-Zwilling eingeschlossen im IV. Quadranten:

Die Erscheinung des Zeitlosen.

Die Verbundlage zeigt eine Ähnlichkeit der Thematik mit der Verbundslage bei Theodorus. Dort führt der Verbund aus der Zeitlosigkeit des IV. Quadranten in die Welt der realen Erscheinung des I. Quadranten. Hier bei Vincent wird dasselbe Thema angestimmt, indem der mundan I. Quadrant, also der Verbund Widder-Stier-Zwilling, vollständig im IV. Quadranten liegt. Auch in diesem Horoskop geht es also um die Erscheinungswerdung des Zeitlosen.

Widder von 10 nach 11 mit Mars in 10:


Gestaltgrenzen der Zeit (10) kommen als konkrete Erscheinung (Widder) zum Ursprung (11) und werden mit Mars in 10 als Erscheinung des Prinzips maßstäblich (Mars in den Fischen). In anderen Worten: das Bestimmende der Zeit scheint auf und wird schöpferisch erfahrbar. Der Maler „sieht“ die Gestalt in der Erscheinungswelt aufblitzen und zwar so, wie sie vom Prinzip her „gemeint“ ist, welches der Gestalt innewohnt. Der Maler wird ihr in der Durchführung mit Hilfe der Venus eine feste konkrete Figuration als Gemälde verleihen.

Der zum Mars gehörige Neptun steht in Haus 9 und wacht darüber, daß diese Figuration der Erscheinung des Prinzips anschaulich wird, zum geistigen Bild des Prinzips.

Mars-Mond:
Dieser Dienst am Himmel kostet mit Mars-Mond die Ausstoßung aus aller menschlichen Heimat. Mit Mond im Schützen in Haus 6 ist die Seele mit der Wahrnehmung der Gestaltgefüge beschäftigt. Über den Dienst am Mars ist der Mond dem Neptun verpflichtet, dessen Erscheinung der Mars ja sein soll. Die Seele hat also die Gestaltgefüge ihrem Prinzip nach wahrzunehmen, damit der Mars die Gestaltgrenzen auftragsgemäß real in die Erscheinung bringen kann. Gleichzeitig beliefert der Mond über die Wahrnehmung der Gestaltgefüge auch die Venus mit der Information über die Form der Gestalt, damit sie dann die Erscheinungsenergie im Sinne der 5.Haus Waage schöpferisch (aus Haus 11 kommend) als Form der Erscheinung von Gestalt in Haus 10 bestimmend figuriere.

Stier in Haus 11 mit Venus in 10:

Die konkret zum Ursprung gekommene Erscheinung der Gestaltgrenzen wird figuriert und als Figuration der Erscheinung des Prinzips ebenfalls bestimmend. Mars-Venus in den Fischen verlangen ihrer Herkunft nach die konkrete Figuration des Prinzips. Das ist eine nahezu unmenschliche Aufgabe. (Es versteht sich übrigens von selbst, daß sich abstrakte Malerei hier ausschließen würde, da die konkrete Erscheinung der Grenzen der Gestalt gefordert ist.)

Der Anteil der Gestaltgrenzen, die von ihm als konkrete Erscheinung anschaulich figuriert werden wollen, den er nicht realisieren kann, wird zum konkreten Schnitt ins Gewebe (Ma-Ve), nämlich zum berühmten Schnitt in sein Ohr.

Pluto-Uranus:
Uranus in Haus 11 bestätigt zunächst den schöpferischen Auftrag des Himmels. Auch die Bildlichkeit des Uranus, noch dazu im Stier, zeigt sich im Malen von konkreten Umrissen.
Aber beim schöpferischen Erschaffungsprozeß besetzt zunächst das Verdrängte des Lebens die Schöpfung und verdrängt den Ursprung. Das Verdrängte, das im Subjektiven das Leben besetzt hält, muß erst entschlüsselt werden, bevor am Ursprung der strömenden Zeit intuitiv geschöpft werden kann.

Saturn im Stier in Haus 11:
Mit Saturn als Herrscher des 7. Hauses im 11. Haus beinhaltet der Schöpfungsprozeß auch das Bestimmende des Zeitgeistes, das zum Ursprung gebracht und figuriert werden will.
Durch seine Position im Stier läßt dieser Saturn erahnen, daß der konkrete Schöpfungsakt von Gestaltgrenzen mit einer Vereinzelung in der Gesellschaft verbunden ist. Unter ihr hat Vincent van Gogh ein Leben lang gelitten. Diese Vereinzelung ist für den durchführenden Stier schwer zu ertragen. Doch auch hier gilt: Wessen Aufgabe darin besteht, der Gemeinschaft wirkliche Bestimmung zu bringen, darf im Geiste ihrer alten Form nicht angehören und nicht an ihren Verdrängungen der Bestimmung Teil haben. Nur dann kann er dazu beitragen, daß sich die alte Form gemäß dem Bestimmenden der Zeit verändert.

Zwilling von 11 nach 12 mit Merkur in 10:

Die Darstellung der Figuration der Erscheinung der Gestaltgrenzen des Prinzips versenkt sich in das Unbewußte aller und wird von dort bestimmend und maßstäblich. Merkur ist nicht nur Herrscher des 12. Hauses mit seinem Griff in das Ungeteilte zu den Gestalten des Ungeschehenen, die als verdrängtes Gestaltprinzip auf ihre Chance warten, in einer ihnen entsprechenden Zeit doch noch zu Ursprung, Gestaltgrenzen und Leben zu kommen, sondern Merkur beherrscht auch das 4. Haus des Erschaffens, das dem Empfinden der Seele entstammt und zum Ausdruck drängt. Die Herrschaft Merkurs über beide Häuser zeigt Vincents unmittelbaren Zugang zum 12. Haus, ebenso, wie es in Theodorus Horoskop der Neptun-Saturn von 12 nach 4 tat. Dieser Merkur Vincents zeigt sich nicht nur in der konkreten Darstellung der Gestaltgrenzen in Form der Malerei, sondern befähigt ihn auch zum Schreiben. Seinen Briefen wird literarische Qualität nachgesagt.

Finalität - Neptun als Herrscher des MC in Haus 9:


Die Grenzen der zeitlosen Gestalten, die dem Meer der Allpotentialität entspringen, werden anschaulich in die Zeit vervielfältigt. Die Lilien, die Sonnenblumen sind wohl echte Lilien, echte Sonnenblumen, die ein wahres Abbild ihrer Bestimmung wahrnehmbar machen. Der Unterschied zu toten Darstellungen erschließt sich nur dem Wahrnehmenden, dessen Empfinden auf den Hintergrund gerichtet ist.

Mit allen drei Verbundplaneten in Haus 10 ist es nicht verwunderlich, daß Vincent van Gogh’s Werke in ihrer posthumen Wirkung zum höchsten Maßstab der Malerei und gleichzeitig ganz im Sinne des Bruders Theodorus zum höchstbezahlten Kunstbestand des Kollektivs wurden.


Einige interessante Auslösungen im Horoskop von Vincent van Gogh:

Seine erste enthusiastische Predigt, die seine radikale Hinwendung zum Evangelium markierte, November 1876:
Fügungsrhythmus:
Auslösung des Neptuns in Haus 9 im Direktüberlauf:
Religiöse Anschauungen über das Erste Prinzip, über Gott.
Neptun löst 10 nach 9 aus: er predigt sozusagen als Prophet, fügt ein geistiges Bild des Prinzips, in der Religion oft als Gott bezeichnet, in die Zeit

Vincent schneidet sich einen Teil seines Ohrs ab, 25.12.1888
Phänomensrhythmus:
Auslösung des Mars über Jupiter (Ma-Ve-Ju):
Schnitt ins Gewebe der konkreten Gestaltgrenze. Es scheint, als würde derjenige Anteil des Neptuns, dem er nicht gemäß seinem himmlischen Auftrag eine reale Erscheinung der Gestaltgrenzen verschaffen konnte, als ungerichtete Energie die konkrete Figuration angreifen. So ist der Schnitt ins Gewebe schrecklich, aber folgerichtig.

Einweisung in eine Anstalt, 25.1.1890
Phänomensrhythmus:
Auslösung des Jupiters im Direktüberlauf in 6:
Es fügten sich günstige Bedingungen für ihn. “His doctor encouraged him to keep painting, and flying into a creative frenzy, van Gogh completed 70 canvases in 70 days.”
Jupiter löst Haus 5 nach 6 aus: sein kreativer Ausdruck fügt sich in die Wahrnehmbarkeit. Er hat eine intensive Schaffensphase, malt ohne Unterlaß.

Plötzliche heftige Depression, die ihn zum Selbstmord durch Erschießen treibt, mitten in einem Feld beim Malen, 27.7.1890, Tod am 29.7.1890
Phänomensrhythmus:
Auslösung des Saturns (hier als Herrscher der Fügungsrichtung), der als Herrscher des 7. Hauses sein Bewußtsein der Gegenwart prägt, und von ihm offenbar als Beendigung seiner Gegenwart aufgefaßt wurde.

BEURTEILUNG DER HOROSKOPE UND DER SITUATION ZWISCHEN DEN BRÜDERN:

Was das Geburtsbild von Theodorus angeht, so ist deutlich, daß die Gestaltgewinnung vom Neptun zum Saturn nicht erfolgt. Daher wird schon der Ursprung kompensatorisch zum funktionalen Uranus in Haus 2. Die Herde wird entsprechend mit Exotischem, Neuem beliefert. (Er engagierte sich sehr für die Impressionisten, die damals allgemein noch abgelehnt wurden.) Da er den Saturn-Neptun nicht selbst erschaffend lebt, überträgt er diese Herausforderung des Erschaffens auf seine Familie (Saturn in 4), präziser gesagt, auf seinen älteren Bruder, den er die Not des Erschaffenden in seiner Ausgegrenztheit aus der Herde (betont durch Mars-Mond in beider Horoskop) erleiden läßt. Zumindest, solange der Bruder lebt, kann Theodorus das, auch mit Hilfe seines Sonne-Pluto-Mars. Der Pluto auf dem Uranus des Bruders belädt diesen mit dem Ungelösten des Kollektivs an seiner Stelle. Man könnte beinahe von einer Besetzung sprechen.

Die Krankheit von Vincent van Gogh ist noch heute Gegenstand intensiver Spekulation. Es wird von Epilepsie gesprochen (So-Pl), die immer eine Form der Besetzung darstellt, aber auch von psychischer Erkrankung im Sinne einer bipolaren Störung (manisch-depressiv) oder im Sinne von Schizophrenie, die hier durch den Pluto-Uranus von Vincent tatsächlich nahe liegt und die ebenfalls von Besetzung spricht. Insofern kann man mit einigem astrologischen Recht von einer Besetzung Vincents durch den Pluto von Theodorus, sprich durch das Ungelöste, Ungeschehene des Clans, das eigentlich Theodorus zur Lösung übergeben wurde, sprechen.

Diese Übertragung der Problematik zeigt sich sehr gut auch in den entsprechenden Auslösungen:

Bei Theodorus löst sich zum Zeitpunkt des Selbstmords von Vincent im Phänomensrhythmus Pluto aus: Pluto-Sonne-Mars, die Eigenzerstörung im Auftrag des Ungelösten. Der Plutostand auf dem GSP von Mondknoten/Saturn verbindet diese Auslösung des Verdrängten mit einer Begegnung mit dem Tod. Auch bei der Direktion 1° pro Jahr vom Aszendenten trifft man exakt auf diesen Pluto. Wohlgemerkt, wir sprechen von den Auslösungen in Theodorus Geburtsbild. Es ist jedoch offenbar Vincent, der die Ausführung im Sinne von Sonne-Mars übernimmt und sich selbst tötet.

Im Fügungsrhythmus ist es, immer noch bei Theodorus, die Venus, die sich auslöst (über Ju-Me-Ve). Nun wissen wir, daß Venus-Merkur als untere Ausübung des Saturn-Uranus oft auch den Schuß kennzeichnet.

Diese nahezu unheimliche Übereinstimmung der Geschehnisse bei Vincent mit den ausgelösten Konstellationen Theodors läßt hier erneut eine „Übertragungsmechanik“ als sehr naheliegend erscheinen.

In Vincents eigenem Horoskop findet sich im Phänomensrhythmus eine Saturn-Auslösung (als Herrscher der Fügungsrichtung dieses Hauses), die als Depression die Eingangspforte für diese Übertragung weit öffnet und die Übertragung stützt.


FASSEN WIR ALSO ZUSAMMEN:

Um sich entsprechend seinem Sonne-Pluto-Mars-Venus den Vorstellungen des Kollektivs unterwerfen zu können, verzichtet Theodorus auf die Realisierung des eigenen kreativen Potentials, das seine Eigenständigkeit verlangen würde und überträgt die Herausforderung der Erschaffung der Grenzen der Gestalt untergegangener und ungewordener Prinzipien (Sa-Ne in 4 und 12) an seinen Bruder Vincent, insbesondere die damit verbundene Ausstoßung des Mars-Mond, die in beiden Horoskopen als Aspekt aufscheint.

Theodorus zieht es vor, diese Gestalten zum Bestand der Herde zu machen und handelt mit ihnen in Form von Gemälden anderer. Die heroische Aufgabe, den Grenzen der Gestalt nach dem Prinzip erschaffend Erscheinung zu verleihen, überläßt er seinem Bruder Vincent. Folgerichtig regt er ihn an zu malen und unterstützt ihn in jeder Beziehung.

Aus folgenden Gründen hatte Theodorus es relativ leicht, diese Übertragung zu bewerkstelligen:

Vincents MC-IC-Achse liegt exakt auf Theodorus Neptun.
Das stärkt die These, daß Vincent in seiner Wirkung genau den Neptun in die Erscheinung brachte, den Theodorus selbst nicht erschaffend in die Erscheinung bringen wollte, sondern dessen Erschaffung als konkrete Grenze der Gestalt er "lieber" (unbewußt) Vincent übertrug.

Vincents Mondknoten in Haus 12 verbindet sich im Quadrat mit dem Neptun in Haus 12 von Theodorus, den Vincent mit seinem eigenen Mars-Venus im Quadrat zu seinem Mondknoten figuriert in die Erscheinung bringt. Auch dies ein Hinweis darauf, daß Vincent die Erschaffungsaufgabe des Bruders mit übernimmt, zumal darüber hinaus Vincents Mars ohnehin in Konjunktion mit dem Neptun des Bruders steht.

Die Übertragung wird außerdem durch den Stand von Theodorus Pluto auf Vincents Uranus erleichtert. Vincents Schöpferisches ist besetzt durch das Verdrängte des Kollektivs (Pl-Ve bei Theodorus). Es besetzt das Leben, das Subjektive, den erschaffenden Ausdruck und muß erst entschlüsselt werden, bevor das zu Schöpfende frei strömend erfahren werden kann.

Was geschieht mit dieser auf Grund von Struktur und Tätigkeit angenommenen Übertragung, als Vincent stirbt?

Nach dem Tod Vincents verfällt Theodorus in schwere Depression und manisch exaltierte Zustände. Er verbringt die wenigen restlichen Monate seines Lebens in psychiatrischen Anstalten bis er am 25. Januar 1891 stirbt.

Ungeachtet der logischen Erklärung einer wahrscheinlichen Syphiliserkrankung ist es der Wegfall der Übertragungsmöglichkeit, der seine Welt hier unmittelbar zum Einstürzen bringt. Als sich gleich nach der Plutoauslösung die Auslösung der dazugehörigen Sonne in Haus 1 anschließt, wird er selbst als Person und Subjekt zur Erscheinung des Ungeschehenen und Verdrängten, das er doch der Herde zum wohlfeilen Bestand gemacht hatte, statt es erschaffend dem Geist zur Bewußtseinsbildung und der Seele zur Befruchtung zu überlassen.

Der Preis des schöpferischen Erschaffens, der im Leben so unglaublich hoch und schwer zu ertragen gewesen wäre, wurde zum Ende seines kurzen Lebens doch noch eingefordert, jetzt allerdings auf jene zerstörerische Weise, welche den plötzlichen Eintritt des Verdrängten in die Erscheinung so oft charakterisiert.

Die beiden Brüder waren von Kindheit an ihr ganzes Leben lang sehr eng verbunden gewesen. Vincent jedoch war es, der den Weg des endlosen Scheiterns an der menschlichen Gemeinschaft und ihren Normen erlebte und erlitt. Er scheiterte als Kunsthändler genau so wie an seinem Wunsch, Theologie zu studieren. Er scheiterte auch an einem kürzeren Evangelikalen-Lehrgang und schließlich sogar als einfacher Laienprediger in einem armen Bergarbeiterdorf. Auch als Maler verkaufte er Zeit seines Lebens nur zwei Bilder und lebte bedürfnislos von der Unterstützung durch seinen Bruder. Immer war er zu extrem, zu unmittelbar, unfähig zur geforderten Anpassung, die er mit seinem Zuhause im IV. Quadranten schlichtweg nicht leisten konnte. Selbst der Mond in Haus 6 war nur diesem Drang zur Wahrnehmung und Erschaffung von Gestalten der Wirklichkeit verpflichtet und stand ihm persönlich daher nicht als Vernunft zum Schutz der eigenen Lebensbedingungen zur Verfügung. Er erlebte die Ausstoßung aus der bürgerlichen Gesellschaft, die demjenigen droht, der einer himmlisch-geistigen Wirklichkeit mehr verpflichtet ist als den Normen und geschriebenen wie ungeschriebenen Gesetzen der Gesellschaft, in immer extremerer Form. Auch Theodorus Horoskop enthielt diese Konsequenz des schöpferischen Erschaffens, die er zeitlebens zu vermeiden verstand, indem er sich dem Erschaffen verweigerte. Nicht umsonst war er es, der seinen Bruder früh zum Malen anhielt und dafür sorgte, daß er neben dem Nötigsten stets Leinwand, Farbe und Pinsel zur Verfügung hatte, wohl in der unbewußten Absicht, ihm diesen Auftrag des Himmels mit all seinen Konsequenzen zu übertragen. Offenbar war jedoch die Übernahme der Last zweier Schicksale für Vincent van Gogh eine übermenschliche Aufgabe, an der er schließlich zerbrach.

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...für Liebhaber der Rythmenlehre... vergänglich ...Solitäre...

Lebendig im Geist... Walter F. Otto drückt nach meinem Empfinden im folgenden Zitat eine Essenz der Rhythmenlehre aus:

Nur das ist bildend, was dem Menschen zur Verwirklichung seines Wesens dient. Diese Kraft hat weder das bloße Lernen von außen her, noch die bloße Selbstbetrachtung von innen her, sondern nur der lebendige Akt, die schöpferische Antwort auf die Berührung mit dem Sein der Welt; denn erst in dieser Antwort findet der Mensch sich selbst zugleich mit dem Wesen des begegnenden Seins.

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